Die deutsche Küche
Fragt man einen Ausländer, was eigentlich mit der deutschen Küche gemeint ist, so wird er in der Regel mit Bratwurst, Weißwurst und Brezeln antworten. Der Blick der Amerikaner und auch der europäischen Bürger auf die deutsche Küche ist sehr eingeschränkt. Aber was denken eigentlich die Inländer über die Küche der Deutschen? Sie werden auf die vielen regionalen Unterschiede verweisen und gleichzeitig die eigene Küche lobpreisen. Deutschland weiß, wie man kocht. Das beweist nicht nur die Tatsache, dass die Sterneküche hierzulande längst über alle Grenzen hinaus bekannt ist.
Die deutsche Küche – Die Küche im Norden der Republik
Seit jeher hat sich der Norden – auch im kulinarischen Bereich – vom Rest der Republik abgegrenzt. In Hinblick auf die Küche liegt das mit Sicherheit an dem einfachen und schnellem Zugriff auf frischen Fisch und anderen Waren, die aus der Ost- und Nordsee gefangen werden können. Die Hamburger und Holsteiner, ebenso wie die Niedersachsen und Bürger von Mecklenburg-Vorpommern sind in Hinblick auf das Essen eine sehr einfache Gattung. Sie mögen deftige Speisen, die lange haltbar sind. Das hat sich über die Jahrzehnte und Jahrhunderte nicht geändert. Darum finden sich noch heute in Hamburg viele Speisen mit Fischen aller Art. Auch die Kartoffel hat hier eine gute Heimat gefunden. Besonders die Hanse- und Hafenstadt Hamburg ist aber auch längst für seine Sterneküche und als Heimat von vielen berühmten Fernsehköchen bekannt. Der einfache Hamburger mag es aber eben so – einfach. Ein Rundstück Warm (ein Bratenstück mit Sauce zwischen zwei Brötchen-Hälften) wird ihm in der Regel eines der seltenen Lächeln entlocken.
Die kulinarische Entwicklung im Westen des Landes
Nicht ohne Grund streiten sich Hamburger, Berliner und Westfalen bis heute um die Herkunft der berühmten Currywurst. Während der Westfale eine deftige Variante mit Curry-Ketchup und Darm um die Wurst zu genießen weiß, mag der Berliner seine Currywurst mit einem tomatigen Ketchup und ohne Darm. Die Hamburger nehmen alles, sie wissen halt, was schmeckt. Aber die Westfalen sind auch sehr große Freunde der Eintöpfe. Was auch immer sie in die Hände kriegen, verarbeiten sie zu intensiven und deftigen Speisen. Nicht ohne Grund fühlen sich die Holländer in Westfalen kulinarisch sehr wohl – und umgekehrt. Fisch ist hier eine Seltenheit. Dafür gibt es deftige Fleisch-Speisen und alles, was man mit der Kartoffel so anstellen kann. Warum edel sein, wenn man auch deftig und gut essen kann?
Ein Blick in den Süden der Republik
Während sich der Norden und der Westen der Republik noch auf eine Art der gemeinsamen Küche einigen können, würden Schwaben, Bayern, Franken und Baden niemals auf einen Nenner kommen. So wie die Landesteile nun einmal sind, hat sich auch der kulinarische Weg der verschiedenen Kulturen in den letzten Jahrhunderten in eine ganz andere Richtung entwickelt. Man nehme nur einmal die Küche, wie sie in Baden-Württemberg genossen wird. Maultaschen, Spätzle, Suppen und Brühen sind hier seit jeher eine feste Reihenfolge der Speisen. Und wer würde derlei Dinge ablehnen? Selbst der Norddeutsche kann sich an der gefüllten Teigtasche erfreuen, die der Badener zur Mittagszeit verspeist. Natürlich dürfen besonders in BaWü die Einflüsse der schweizerischen Küche nicht vergessen werden. Oder sind die Schweizer beeinflusst von den Badenern und Schwaben? Darüber möchte ich kein Urteil fällen. Am Ende mag ich meinen Kopf nun einmal doch behalten.
Der Rest der Republik spottet sehr gerne über die Bayern, aber beinahe jeder ist sich wohl einige darüber, dass die herzhaften Gasthäuser und Biergärten ein sehr essentieller Teil der deutschen Kultur sind. Weißwurst, Haxen, Obazda und herzhafte Saucen sind nur einige Beispiele dafür, was im äußersten Süden der Republik auf die Teller kommt. Zudem haben die Bayern auch noch eine ganz eigene Form der Esskultur. Man denke nur an die Brotzeit, bei der einfach alles auf dem Holzbrett serviert wird, was Kühlschrank und Vorratskammer hergeben. Selbst der größte Kritiker der bayrischen Lebensart muss wohl den Mund schließen – oder eher öffnen – wenn es um die Speisen der bayrischen Küche geht.
Der Osten und die Mitte des Landes
Bei der Mitte des Landes wird es schon ein wenig schwerer. Einmal abgesehen von „Äppelwoi“ – also einem Wein aus feinsten Äpfeln – und der berühmten grünen Sauce haben die Länder der Mitte des Landes eigentlich keine Einzigartigkeit zu bieten. Sie verbinden einfach das, was aus dem Rest des Landes kommt und machen daraus etwas, das ganz ihrem eigenen Geschmack entspricht. Das soll keine Abwertung sein. Wer schon einmal in Frankfurt, Darmstadt oder Wiesbaden in einer Wirtschaft gesessen und eine Schlachtplatte verzehrt hat, weiß, wie hoch die Kunst der Perfektion in diesen Bereichen ist.
Der Osten ist hingegen noch immer von den Einflüssen der DDR geprägt. Aber auch das muss kein Nachteil sein. Eine gute Soljanka ist nicht nur einfach heiß, sie wärmt auch von Innen und ist ein ganz besonderes Lebensgefühl. Und auf keinen Fall sollte man die Bratwürste, Broiler und die typische berlinerische Leber vergessen, die einen wichtigen Teil zur deutsch-kulinarischen Kultur beiträgt. Die Menschen im Osten des Landes haben gelernt, wie sie aus wenigen Dingen schmackhafte Dinge auf den Tisch zaubern. Gerade deswegen ist es – im Vergleich zum Rest des Landes – durchaus interessant, sich einmal durch die Gasthäuser in Thüringen, Sachsen und Brandenburg zu schlemmen.
Die deutsche Küche im Überblick
Gerne reduziert das Ausland die deutsche Küche auf Weißwürste, auf Bier und auf die typischen Brezln. Wer aber schon einmal in den Genuss gekommen ist und das Privileg genossen hat, sich durch die verschiedenen Teile der Republik zu Essen, weiß genau, wie groß die Unterschiede von Landesteil zu Landesteil sind. Die Menschen haben im Laufe der Jahrhunderte gelernt, mit den Dingen zu wirtschaften, die ihnen zur Verfügung stehen. Ob frischer Fisch im Norden, die deftigen Speisen im Süden, die Kartoffel im Westen oder die Würste im Osten – die deutsche Küche hat eine Vielzahl von Speisen zu bieten, um die uns andere Länder beneiden. Der Querschnitt einer herzhaften Küche mit Herz kann gefunden werden, wenn man sich auf eine Reise durch das Land begibt und sich einmal auf die Dinge einlässt, die in der eigenen Stadt nun einmal nicht auf dem Speiseplan stehen.